
"So wie sich die vielfältige Schönheit des Lichtes in den Spektralfarben eines Regenbogens äußert, erfahren wir die eines Tones in den Klangfarben seiner Obertöne."
(Obertongesang:
Bernhard Mikuskovics & Siegfried Eberlein)
URSPRUNG & HEIMAT:
Die
Kunst des Obertonsingens ist eine Gesangstechnik, die ihre Wurzeln in den schamanischen,
nah am Ursprung lebenden Traditionen prähistorischer, nomadischer Kulturen
hat. Heutzutage wird sie hauptsächlich mit zentral- bzw. ostasiatischen Ländern
wie Tibet, Tuva, oder der Mongolei in Verbindung gebracht. Da die Völker
dieser Länder bis in die heutige Zeit ausgeprägte schamanische Traditionen
besitzen, die in einer ununterbrochenen Linie von einer Generation an die nächste
überliefert wurden, und sich glücklicherweise aufgrund der geografischen
Bedingungen des Kulturraumes, in dem sie existieren, vor den Fängen des Kommunismus
retten konnten, bieten sie nicht nur eine ausgesprochen vielfältige Informationsquelle
über Musikpraktiken prähistorischer Zeiten, sondern lassen auch Rückschlüsse
auf andere Techniken und deren Verwendung bzw. Wirkweise zu. Wenige wissen nämlich,
daß der Obertongesang ursprünglich interkulturell in allen Kontinenten
zuhause war. In Europa war er bis zur Einführung des mehrstimmigen Gesanges
(Konzil v. Trient - 2. Hälfte des 16. Jhdts.) mit dem einstimmigen Gesang
der Gregorianik (cantus planus) vertreten.
(Obertongesang:
Mikuskovics, Janscha, Riccabona)
DIE
MELODIE DES EINZELNEN TONES:
Beim Obertongesang werden, wie der Name schon
sagt, Melodien mithilfe von Obertönen erzeugt und gebildet - genauer gesagt
werden die verschiedenen Obertöne aus einem Vokal oder einem Laut isoliert
und zu Melodien verwoben. Die Laute und Vokale werden mit einem Grundton intoniert,
der ähnlich wie ein Bordun die Basis für den Gesang bildet. Dieser Grundton
zeigt sich für die horizontale Ausrichtung des Obertongesanges verantwortlich
und bewirkt seine tranceinduzierende Wirkung. Durch die parallel zum Grundton
entstehenden vertikalen Frequenzmuster der Obertöne, die bis in unhörbare
Bereiche mitschwingen, entsteht seine zusätzliche mystische Wirkung.
(Obertongesang:
Bernhard Mikuskovics Solo)
DIE OBERTONREIHE
Obertöne kommen
in der Natur nicht willkürlich vor, sondern sie folgen einer natürlichen
Gesetzmäßigkeit und sind somit ein Baustein der Schöpfung. Zusammengefaßt
bilden sie eine Tonleiter die deshalb auch als Naturtonreihe bezeichnet wird.
WIRKUNG
DES OBERTONGESANGES
Beim Obertonsingen wird der Mensch mit einer Ahnung der
ihn umgebenden Unendlichkeit konfrontiert, die ihn automatisch dazu führt
sich auf sich selbst und sein Innenleben zu besinnen und zu konzentrieren. Gleichzeitig
führen die verlängerten Atemphrasen zu dem Erlebnis der inneren Ruhe,
die seine Aufmerksamkeit auf das Nachhorchen der Obertonfrequenzen in innere und
äußere Räume richtet. Die scheinbaren Gegensätze von Aktivität
und Passivität vereinen sich im "Daseinlassen" der Achtsamkeit,
die gemeinsam mit dem Echo der inneren Stille immer tiefere Zugänge zu den
Bereichen des Selbst verrät. In der Verschmelzung des inneren Klangraums
mit dem äußeren findet der Sänger schließlich sein intuitives
Vertrauen zu der Natur seiner Umgebung, da er sich selbst als grundsätzlich mit den Prozessen der Schöpfung vereint erkennt. Er findet Zufriedenheit im Einklang.
(Obertongesang:
Mikuskovics, Hanreich)
OBERTONGESANGSTECHNIKEN:
Neben der Fülle
der verschiedenen traditionellen asiatischen Techniken gibt es drei "westliche"
Techniken, die hauptsächlich für die Erzeugung von Obertönen verwendet
werden:
Die Technik der unteren Reihe
Die L-Technik
Die Technik der oberen Reihe
Diese drei Techniken unterscheiden sich im Wesentlichen durch das Ansingen verschiedener Vokale, auf denen die Obertöne aufbauen. Um verschiedene Vokale artikulieren zu können, bedienen wir uns verschiedener Lippen-, Zungen- und Kieferstellungen, die durch ihre Kombination einen ganzheitlichen Zugang zu verschiedenen Frequenzbereichen ermöglichen.
(Obertongesang:
Bernhard Mikuskovics & Hosoo)
OBERTONGESANG LERNEN:
Da der
Klang der menschlichen Stimme so wie der Klang jeder anderen natürlichen
Klangquelle aus Obertönen besteht, kann auch jeder Mensch Obertonsingen lernen.
Musikalische Vorkenntnisse sind von Vorteil, aber nicht unbedingt erforderlich.
Wichtiger ist die Begeisterung für Klänge und das Experimentieren mit
der eigenen Stimme und dem eigenen (Resonanz)körper!